Seit 1. Januar ist das neue Heizungsgesetz in Kraft. Doch die komplizierten Regeln machen die Menschen unsicher, erklärt Martin Neß, Heizungsbaumeister und Obermeister der Innung für Spengler-, Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (SHK) Landsberg. Was Heizungsbesitzer jetzt tun sollten, erklärt er im Interview.

Herr Neß, wissen Ihre Kunden im Landkreis darüber Bescheid, welches Gesetz da zum 1. Januar in Kraft getreten ist und was es bedeutet?

Neß: „Zunächst darf ich allen Lesern ein gutes neues Jahr wünschen. Die Bürger sind im Allgemeinen gut informiert. Ein Umdenken hat bei vielen schon stattgefunden. Aber über die Bedeutung des neuen Heizungsgesetzes (GEG) muss im Sanierungsfall (oder Neubau) jeder beraten werden.“

Wie sind die Resonanzen Ihrer Kunden bezüglich des neuen Heizungsgesetzes?

Neß: „Das Hauptproblem ist das komplizierte Gesetz. Die Kunden sind unsicher, was für sie gilt. Einige, auch ältere Kunden, sind da ab einem bestimmten Punkt überfordert. Hier würde ich mir eine Vereinfachung des Gesetzes wünschen.“

Im Zusammenhang mit dem GEG redet man auch immer von kommunaler Wärmeplanung. Wofür ist sie wichtig?

Neß: „Die Kommunen sind verpflichtet, eine Wärmeplanung aufzulegen. Unter 100.000 Einwohner gilt diese Regelung verpflichtend ab 30. Juni 2028. Über 100.000 Einwohner schon ab 30. Juni 2026. Die Wärmeplanung umfasst beispielsweise die Ausweisung von Fernwärmegebieten, ob mit Wasserstoff oder Geothermie geheizt werden kann. Bis diese Wärmeplanung verkündet wird, darf „herkömmliche“, fossile Technik verbaut werden. Der Nutzer muss dann aber nach einem Stufenplan erneuerbare Energien einkaufen. Ab 1. Januar 2029 mit einem Anteil von 15 Prozent, 2035 müssen es 30 Prozent sein, 2040 sind 60 Prozent gefordert. Dieser Anteil ist beispielsweise durch den Kauf von Bio-Heizöl möglich.“

Aktuell gibt es die Wärmeplanung bei uns noch nicht. Welche Auswirkungen hat das auf die Menschen in Verbindung mit dem neuen Heizungsgesetz?

Neß: „Zunächst hat der Verbraucher die Möglichkeit, sich ausreichend zu informieren und zu planen. Zuerst müssen die Kommunen die Planung aufstellen. Hier sehe ich den Verbraucher im Vorteil, da er Zeit gewinnt. Einen Monat nach Verkündung des Wärmeplans gilt die‘ 65 Prozent Erneuerbare‘-Regelung für alle neu eingebauten Wärmeerzeuger.“

Stichwort Jahresrückblick: Haben Ihre Kunden im letzten Jahr eher fossile Heizungen oder Wärmepumpen oder Ähnliches gekauft?

Neß: „Der Anteil an verkauften fossilen Geräten ist im Verhältnis zu den Wärmeerzeugern mit erneuerbaren Energien in etwa gleich. Allerdings nur im letzten Jahr. Der Anteil an Öl- und Gasheizungen ist massiv gestiegen. Teilweise waren Öl- und Gasheizungen ausverkauft. Die Formulierung seitens der Regierung, dass ab 1. Januar 2024 nur noch 65 Prozent erneuerbare Energie erlaubt ist, hat im April 2023 viele Kunden dazu veranlasst, noch schnell die alte Öl- oder Gasheizung durch eine neue zu ersetzen.“

Was raten Sie Ihren Kunden, die noch eine alte Heizung haben?

Neß: „Ein Beratungsgespräch mit ihrem zuständigen Heizungsbauer und die Beratung durch einen Energieberater oder einem anderen Fachmann.“

Würden Sie jetzt noch eine fossile Heizung einbauen?

Neß: „Grundsätzlich ja. Aber: Eine ausführliche Beratung durch den Fachhandwerker oder Energieberater ist notwendig. Auch im Hinblick auf die steigende CO2-Steuer.“

Was wäre aus Ihrer Sicht die Ideallösung, die Kunden jetzt bezüglich ihrer Heizung treffen können?

Neß: „Eine eindeutige Ideallösung gibt es nicht. Hier ist eine Beratung in der Gesamtheit vom Gebäude notwendig. Viele Faktoren spielen eine Rolle, wie zum Beispiel: Wie alt sind das Gebäude, die Fenster, der Dachstuhl und das Mauerwerk? Ist an dem Gebäude etwas verändert worden seit Bestehen der Immobilie? Sind Heizkörper oder eine Fußbodenheizung vorhanden und so weiter…“

Wie können sich die Leute am besten über die Gesetzesänderung und ihre Möglichkeiten informieren?

Neß: „Zunächst bei den Heizungsbauern und Installationsbetrieben. Die Fachfirmen sollten generell der erste Ansprechpartner sein. Ebenso bei der Innung Landsberg oder bei der LENA (Landsberger Energie-Agentur e.V.)“

Was möchten Sie Ihren Kunden für die kommende Zeit mit auf den Weg geben?

Neß: „In der Vergangenheit, gerade im Winter, waren oftmals einige Heizungsanlagen defekt. So mussten kurzfristig Lösungen gefunden werden, welche bei sorgfältiger Planung anders ausgeschaut hätten. Deshalb sollte man sich jetzt Gedanken machen, damit es beim Austausch der Heizungsanlage keine Überraschungen gibt.“

Nathalie Schelle

Foto: Ein Beratungsgespräch kann Klarheit beim Heizungsgesetz schaffen, meint SHK-Obermeister Martin Neß. © Neß